Welche Möglichkeiten gibt es einen Hund zu entspannen? Kann das ein Hund überhaupt lernen? Und wozu ist es sinnvoll? Nicht selten klagen Hundebesitzer über die extreme Angst ihres Fellfreundes bei Unwetter oder Silvesterknallerei. Auch beim Tierarzt kommt es in der Regel vor dass die Vierbeiner vor Anspannung wie gelähmt sind oder auch andersherum sich heftig wehren. Andere Hunde haben wiederum Angst vor Menschenansammlungen oder Kindern. Die schlimmsten Folgen können wir dann in den Nachrichten oder auf Internetportalen verfolgen: „Bello seit Wochen vermisst“ oder „Bestie beißt Kind ins Gesicht“.
Solche Vorfälle müssen nicht sein. Wer seinen Hund lesen kann und das Verhalten des Hundes nicht nur symptomatisch behandelt, sondern nach dem WARUM hinter der Handlung fragt, wird seinem Hund helfen und sogenanntes „problematisches Verhalten“ mindern können.
Die Grundlagen der Entspannung
Anspannung hat in aller Regel etwas mit Erregung zu tun. Das heißt, dass nahezu jede Anspannung oder jedes als problematisch klassifizierte Hundeverhalten auf ein zu hohes Erregungsniveau zurückzuführen ist. Der Gegenspieler der Anspannung oder Erregung ist die Entspannung. Möchte der Hundeführer das unerwünschte Verhalten des Hundes minimieren oder verändern muss dieser für Entspannung beim Hund sorgen; denn grundsätzlich gilt: je höher das Erregungsniveau desto heftiger die Reaktion des Hundes. Wichtig für uns zu wissen ist, dass Erregung und Entspannung zwei antagonistische (gegenläufige) Funktionen des Gehirns sind. Während sich im entspannten Zustand unser Hund im Vorderhirn befindet wechselt er bei Erregung ins Hinterhirn. Dann befindet sich der Hund in einem Zustand in dem er reflexartig, impulsiv und quasi automatisch(beispielsweise Angstschnappen beim Tierarzt) handelt. So ist er kaum von uns beeinflussbar.
Warum entspannen?
Damit unser Hund für uns auch in Situationen ansprechbar bleibt die ihn normalerweise auf ein hohes Erregungslevel bringen, müssen wir dafür sorgen dass er im „denkenden“ Zustand, also im Vorderhirn bleibt in dem er selbstständig nach Lösungsvorschlägen suchen oder auf Kommandos reagieren kann. Was wir wollen, ist: den Hund so lange wie möglich im „denkenden Modus“ zu behalten und zu verhindern dass der Hund ins Hinterhirn kippt.
Dies geschieht durch Entspannung. Obwohl es zunächst kaum zu glauben scheint, aber Entspannung kann trainiert werden. Der Schlüssel dafür ist das Hormon Oxytocin. Dieses ist landläufig als Geburtshormon bekannt, denn es hat eine wichtige Bedeutung beim Geburtsprozess. Gleichzeitig beeinflusst es auch ganz allgemein soziale Interaktionen. Darüber hinaus haben Studien ergeben, dass Oxytocin eine entscheidende Rolle bei Stressregulierung spielt, da es das Stresshormon Cortisol abbaut, und schließlich Einfluss auf das Verhalten des Hundes nimmt.
(Entspannung konditionieren – von CaveCani)
Wie entspannen?
Die Ausschüttung von Oxytocin wird durch jede Art von angenehmen Hautkontakt mit veranlasst, das heißt durch Wärme, Berührungen oder Massage. So verteilt sich das Hormon, das auch als Neurotransmitter wirkt, großflächig im Gehirn und wirkt anregend auf das Stammhirn. Dieser Teil des Hundegehirns ist für das Angst- und Fluchtverhalten zuständig, also für genau das Verhalten das wir beeinflussen wollen.
Durch Berührungen und Massage hat der Mensch direkten Einfluss auf den Erregungs- beziehungsweise Entspannungszustand des Hundes. Dafür muss er herausfinden welche Berührungen für ihn am angenehmsten sind. Dies kann lediglich ein sanfter Druck an Flanke oder Hinterteil sein, ein leichtes Ohrenkraulen oder ein vorsichtiges Bauchstreicheln. Wichtig ist, dass jeder Hundehalter die individuellen Streichelvorlieben seines Hundes selbst herausfindet. Das heißt eine Berührung die unseren Hund möglichst schnell zum „schmelzen“ bringt (binnen weniger Minuten).
Vorsicht: manchmal gibt es Hunde die sich durch Berührung nicht entspannen lassen! Auf diese Besonderheit muss Rücksicht genommen werden, denn Entspannung kann sich nur entwickeln, wenn das Tier sich wohl und sicher fühlt. Auf Berührungen sollte in solchen Fällen verzichtet werden! Alternativ kann hier mit Düften oder anderen Naturheilmitteln gearbeitet werden. Dazu später mehr.
Entspannung auf Knopfdruck
Damit der Hund auch dann entspannt ist wenn es notwendig ist, beispielsweise beim Tierarzt oder wenn Besuch im Haus ist, muss dieser Zustand unter Kommando gestellt werden. Unser Ziel ist also, dass der Hund sich auf Kommando (Signalwort) entspannt. Das geht am einfachsten mit der Klassischen Konditionierung. Dabei wird ein SIGNAL (zum Beispiel das Wort „ruuuhig“) mit dem unkonditionierten REIZ (Massage/Berührung) und dem daraus resultierenden VERHALTEN (Entspannung) verknüpft.
Mit unserem SIGNAL-Wort kündigen wir die Massage (REIZ) an, die den Entspannungsprozess (gewünschtes VERHALTEN) einleitet.
Nachdem der Hund das Ganze verknüpft hat, das heißt die Konditionierung abgeschlossen ist, erfolgt die Entspannung auf Kommando (SIGNAL).
Ist die Entspannung erst richtig konditioniert, ist sie auch in heiklen Situationen abruf- und einsetzbar. Bitte überfordert Eure Hunde nicht! Fangt an das Signalwort in reizarmen Situationen zu verwenden erst Zuhause, dann in einer Ruhigen Ecke im Garten, dann in Café oder Bahn und schließlich beim Tierarzt oder zu Silvester. Vergesst aber bitte nicht das Signal immer wieder „aufzuladen“, beispielsweise beim Kuscheln im Bett.
Bitte beachtet: das Entspannungssignal dient nicht dazu, den Hund komplett entspannt zu halten. Das ist gar nicht möglich. In einer reizstarken Umwelt wird der Hund konstant mit Umwelteinflüssen bombardiert sodass eine komplette Entspannung für den Hund unmöglich ist. Was möglich ist, ist es den Hund in „stressigen Situationen“ wieder ansprechbar zu machen.
Was mache ich wenn mein Hund sich nicht gerne anfassen lässt? Wie bereits erwähnt gibt es auch solche Hunde. Da hilft das Streicheln und Massieren nicht sondern verschlimmert unter Umständen den Zustand des Hundes. Was in solchen Fällen zu tun ist und welche weiteren Verknüpfungen möglich sind erfahrt Ihr in bald bei THE DOGGY BLOG.
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