Neben konditionierter Entspannung und Aromatherapie können auch bestimmte Nahrungsmittel ihre Wirkung im Hundekörper entfalten und sich positiv auf seinen Gemütszustand auswirken. Dabei spielen im Bereich des Nervensystems Aminosäuren eine wichtige Rolle. Sie haben eine besondere Funktion als Neurotransmitter oder als Ausgangssubstanzen für die Neurotransmittersynthese. Psychische Erkrankungen oder Verhaltensauffälligkeiten können – wie beim Menschen – auch beim Hund vom Neurotransmitterhaushalt – wie dem Serotoninhaushalt – abhängig sein.
Aminosäuren und Neurotransmitter im Hundekörper
Damit unser Hund ausgeglichen ist, muss sein Gehirn ausreichend Serotonin produzieren. Der Neurotransmitter Serotonin gilt als zentraler Stimmungsmacher und beeinflusst unter anderem das psychische Wohlbefinden des Hundes .Serotoninmangel gilt als Schlüsselfaktor bei der Entstehung von Aggressivität, Impulsivität, asozialem Verhalten, Aufmerksamkeitsstörungen, Hyperaktivität und Angstzuständen. Wissenschaftliche Studien zeigen: Hunde, bei denen ein Serotoninmangel im Gehirn festgestellt wurde erweisen sich als stark schmerzempfindlich, sehr reaktiv und besonders emotional.
Leider kann Serotonin nicht direkt mit der Nahrung aufgenommen werden. Für die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke braucht es die Zufuhr der Aminosäure L-Tryptophan, die dann im Hundegehirn zu Serotonin synthetisiert wird. Das L-Tryptophan, die Vorläufersubstanz von Serotonin, wird wie durch ein Nadelöhr ins Gehirn geschleust. Eiweißreiche Kost – wie Fleisch oder Nüsse – enthält zwar ausreichende Mengen der Aminosäure, jedoch reicht die gesteigerte Zufuhr der einschlägigen Futtermittel nicht für eine Stimmungsaufhellung aus, da das L-Tryptophan mit anderen essentiellen Aminosäuren um den Eintritt durch die Blut-Hirn Schranke konkurriert.
Serotoninmangel kann bei Hunden vielfältige Ursachen haben: so können Stress und Reizüberflutung, mangelnde Bewegung und falsche Ernährung eine Rolle spielen. Aber auch körperliche Ursachen wie eine Schilddrüsenunterfunktion führen zu einer Blockade der Serotoninproduktion. Daher ist es angezeigt Verdachtsfälle beim Tierarzt vorzustellen und gründlich untersuchen zu lassen.
Bei Hunden mit serotoninmangelbedingten Verhaltensproblemen empfiehlt sich ein spezieller Ernährungsplan. Durch die richtig dosierte Auswahl bestimmter Futtermittel aber auch durch geeignete körperliche Aktivität können beim Hund auf ganz natürliche und gesunde Weise das Stimmungsbarometer, die Leistungsfähigkeit und innere Gelassenheit wirksam verbessert werden.
Der Ernährungsplan für den verhaltensauffälligen Hund
Folgende Ernährungsumstellung ist, mindestens über einen Zeitraum von zehn Tagen bis zu zwei Wochen, bei verhaltensauffälligen Hunden empfehlenswert. Sollte sich dabei das Verhalten des Hundes positiv verändern, ist eine Verhaltensstörung aufgrund von Serotoninmangel besonders wahrscheinlich.
- Falls nicht ohnehin schon gefüttert, Umstellung auf ein hochwertiges Futter. Hoher Fleischanteil mit Reis oder Kartoffel als Kohlenhydratlieferant. Mais als Inhaltsstoff unbedingt vermeiden!!! Wenn der Hund es verträgt sind Gerste und Hafer ebenfalls möglich.
- Bei TroFu-Fütterung die Tagesration so reduzieren, dass eine weitere Fütterung mit reinen Kohlenhydraten eingefügt werden kann.
- BARFer sollten während dieser Ernährungsphase den Fleisch- und Pflanzen-Anteil getrennt verfüttern.
- Circa zwei Stunden nach der TroFu- oder Fleischfütterung, wird eine kleine Menge reiner Kohlenhydrate verfüttert. Dafür kommen je nach Verträglichkeit Kartoffeln, Süßkartoffeln, Gerste, Reis oder Hirse in Frage. Zur besseren Synthese das Vitamin B6 nicht vergessen! Die Dosierung beträgt 1 mg pro Kilogramm Körpergewicht und Tag ins kohlehydrathaltige Futter. Vitamin-B6-haltige Lebensmittel sind beispielsweise Bananen. Die Vitamin-B6-Zufuhr kann aber auch mittels Zugabe eines Vitaminpräparates gewährleistet werden. Auch der Klecks eines Vitamin-Smoothies zu den Kohlehydraten bestehend aus Banane, Cashews, Feldsalat oder Spinat, Beeren und Lachsöl ist denkbar.
Anmerkung: Wenn der Hund das kohlehydrathaltige Futter partout nicht frisst, kann es auch einfach unter sein Trockenfutter bzw. seine Fleischportion gemischt werden, obwohl dann nicht die volle Wirkung erzielt wird.
Die Wirkung des Ernährungsplans
Ernährungsplan schön und gut, aber warum soll ich meinen Hund so füttern? Wie bereits zu Beginn erläutert, konkurrieren einige Aminosäuren vor der Blut-Hirn-Schranke um den Einzug ins Gehirn. Unser Ziel ist es dem L-Tryptophan den Zugang zum Hirn zu erleichtern. Deshalb ist es von essentieller Bedeutung andere Aminosäuren, wie das Tyrosin, umzuleiten.
Die Aminosäure Tyrosin ist die Vorstufe für die Neurotransmitter Noradrenalin und Dopamin. Während nun die Aminosäuren um die begrenzten Transportwege an der Blut-Hirn-Schranke kämpfen, verhält sich das Tyrosin sozusagen als Anti-Tryptophan und demzufolge als Anti-Serotonin. Um einen Tyrosin-Überschuss zu vermeiden und den Hundekörper ausreichend mit Tryptophan zu versorgen ist die Einhaltung des genannten Ernährungsplanes notwendig, weil obwohl in der Eiweißhaltigen Hundekost die überwiegend aus Fleisch besteht, mehr Tryptophan als Tyrosin vorkommt, erst durch die Zufuhr von Kohlehydraten die Serotonin-Vorstufe ins Gehirn eindringen kann.
Was zunächst paradox erscheint, ist in Wahrheit ein komplexer chemischer Vorgang. Als Folge des Verzehrs von Kohlehydraten beeinträchtigt die einsetzende Insulinproduktion andere Vorläufer-Aminosäuren derart, dass Tryptophan einen Wettbewerbsvorteil an der Blut-Hirn-Schranke erhält und leichter ins Gehirn transportiert werden kann. Dabei werden große neutrale Aminosäuren nicht aber Tryptophan ins Muskelgewebe umgeleitet. Tryptophan allerdings, unterscheidet sich durch seine einzigartige Molekülstruktur von den anderen Aminosäuren und wird daher von dieser Wirkung des Insulins nicht erfasst. Das Ergebnis ist ein deutlicher Wettbewerbsvorteil des Tryptophans gegenüber anderen Aminosäuren bei der Überwindung der Blut-Hirn-Schranke. Das im Gehirn verfügbare Tryptophan kann allerdings durch die Aufnahme von Kohlehydraten nur dann signifikant gesteigert werden, wenn die kohlehydrathaltige
Nahrung innerhalb von zwei bis drei Stunden nach der Aufnahme von Protein verzehrt wird. Bei der Synthese von Tryptophan zu Serotonin spielt auch Vitamin B6 eine wichtige Rolle und muss daher im Ernährungsplan ebenfalls beachtet werden.
Darüber hinaus ist es bei der Futtermittelauswahl sehr wichtig darauf zu achten, dass es sich um hochwertiges Futter handelt, welches kein Mais enthält. Jedoch wird gerade bei minderwertigem Futter häufig Mais verwendet, eine billige Eiweißquelle, die sehr arm an Tryptophan ist und hohe Tyrosin-Werte aufweist (wir erinnern uns: Tyrosin = Anti-Serotonin)und daher bei Hunden, die auf Serotoninmangel empfindlich reagieren, ziemlich bedenklich sein kann.
L-Tryptophan-Präparate
In besonders schwierigen Fällen können auch spezielle L-Tryptophan-Präparate wie 5-HTP oder ProQuiet eine Lösung sein. Hier ist allerdings die Konsultation eines Facharztes bedingungslose Voraussetzung.
Anmerkungen zur körperlichen Auslastung des Hundes
Neben der richtigen Ernährung sorgt auch die richtige körperliche Auslastung des Hundes für einen Serotoninanstieg im Gehirn. Insbesondere das Krafttraining ist dem Ausdauertraining vorzuziehen.
Nichts gegen einen langen Spaziergang: dennoch sollte der Halter eines psychisch instabilen Hundes auf kurze, knackige, die Muskulatur beanspruchende Einheiten setzen. 20 Minuten sind da ein guter Richtwert. Mögliche Beschäftigungen sind: Zerrspiele, Schwimmen oder Apportieren aus dem Wasser, am Fahrrad laufen oder Zugtraining.
Wichtig dabei ist, dass der Hundehalter die Vorlieben seines Vierbeiners berücksichtigt. Ein wasserscheuer Laufhund sollte nicht ins Nasse gezwungen werden, nur weil Schwimmen gut für ihn sein könnte. Ebenso wäre es nur kontraproduktiv mit einem hitzeempfindlichen Hund ein Lauftraining zu absolvieren. Es gibt genug Alternativen für jeden Hund. Wichtig ist der Spaß dabei, dann klappt es auch mit dem Serotonin!